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m.peter bluhm/24.07.08
rutschbilder........
helmuth zenz/13.12.02
vernissage fuer.....
helmuth zenz /april`94
BILD ZEITUNG........
1



vernissage fuer nasfeter_(am 13.12.02 um ca. 20.00 von helmuth zenz(unzenz_iert)Café Alberts-ulm
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Seit Ende der 80er etwa reden Kristof=(christoph)und ich ueber das, was er schafft.
Kein anderer ansaessiger Kuenstler hat es so lange ausgehalten, mit mir ueber seine Kunst
zu reden und zugegeben, auch ich haette mit keinem anderen als mit Kristof über seine
Kunst reden wollen.
Die Ansprueche der Kunst, der Menschheit Einsichten zu verkuendigen, sie zu beschenken
oder gar zu begluecken, ich konnte In diesen Jahren erleben, wie intensiv, wie existentiell
Kristof sich mit diesen Anspruechen auseinan-dergesetzt hat. Dass Kunst nicht dazu da ist,
abzulichten oder abzubilden, war ihm schon klar, als er noch in Polen malte und dort
fuer seinen bildneri-schen Vitalismus gepriesen wurde. Die dortigen Auszeichnungen
halfen ihm aber nicht weiter. Der bigotte Staatssozialismus machte ihn krank.
Er floh die stickige Luft Warschaus. Ulm, wo er schließlich anlandete, empfing ihn
mit verschlossenen Armen. Trotzdem blieb er hier irgendwie haengen und musste feststellen,
dass es zwar keine Dicke Luft im Westen gibt, dafuer im Gegenteil reichlich duenne Luft.
Fremde unter Einheimischen haben Grund, ueber die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
nachzudenken, unter denen sie leben. Auch Kristof begann die Voraussetzungen
zu reflektieren, unter denen er Kunst machte.
Die Ergebnisse dieses Klaerungsprozesses setzte er in Bilder um: Nasfeter machte
Kunst ueber Kunst. Die Essenz seiner Kunstphilosophie habe ich versucht, im Katalog zur
Ausstellung seiner Kunstschilder festzuhalten. Es ist eine traurige Philosophie, nach deren
Urteil die Kunst ausschliesslich dem Marketing unnuetzer ueberfluessiger Produkte zu
Diensten ist: Mussy Lilly, weil's gut schmeckt. Man erinnert sich.
Kristof verweigerte sich dem Markt. Verweigerte sich damit konsequent der Kunst und
befasste sich nun statt dessen mit den Ausdrucksmoeglichkeiten der neuen Medien:
Computergraphik; sein Beitrag bestand in dem Versuch, die Wirklichkeit,
welche die verhuellende Fotographie absichtlich verloren gegebenen hat, unter der
aufdeckenden kunstvollen Bearbeitung zu rekonstruieren. Kristof, als Pole ein Mann
von Ehre, von Unbestechlichkeit und von Leidensfaehigkeit, konnte sich nicht der Selbst-
taeuschung hingeben, er habe mit seinem Ansatz den alles verschlingenden Kapitalismus
sich vom Halse geschafft. Und dimmte seine Kunstproduktion auf ein Minimum herunter.
Nun frage ich Euch: Was soll ein bildender Kuenstler machen, wenn er sich partout
nicht zum Komplizen des ausbeuterischen Marketings machen lassen will, wenn er
verhindern will, dass seine Kunstproduktion konsumiert wird wie der Ramsch
im Supermarkt. Wenn er zugleich seine Beziehung zur Kunst nicht verleugnen will,
nicht in Abrede stellen kann, dass er Kuenstler ist?
Kristof hat fuer sich eine verblueffende Loesung dieses ethischen Dilemmas gefunden:
Er stellt sich selber aus. Macht sich selbst zum Ausstellungsstueck im Muse-um.
Nicht angeberisch und pompous, nein, diskret und versteckt.
So findet man neuerdings Kristof als Museumsstueck. Einen Rahmen oder gar eine Buehne
fuer dieses Ausstellungsstueck Kristof Nasfeter gibt es natuer-lich nicht.
Es gibt auch kein Schildchen, das auf das Kunstwerk Kristof Be-zug nimmt, es identifiziert.
Das Ausstellungsstück sitzt oder steht im Saal, geht auch durch die einzelnen Rauume
des Ulmer Museums.
Manche Muse-umsbesucher blicken etwas hochmuetig auf ihn, so wie immer schon Besu-cher
hochmuetig oder veraechtlich auf moderne Kunstwerke gesehen haben, weil sie sie nicht
verstanden, nicht verstehen wollten.
Kristof ist zu besichtigen zu den oeffnungszeiten des Ulmer Museums: Dienstag bis Sonntag
von 11 bis 17 Uhr; Donnerstags bis 20 Uhr.

Mir kam die totale Abstinenz von der Kunstproduktion, die Kristof ab Mitte der 90er
betrieb, immer zu radikal vor. Wenigstens zu seinem eigenen Spass, oder fuer uns,
seine Freunde, solle er weiterhin etwas herstellen, riet ich ihm. Tatsaechlich hat er
gelegentlich spontan eine Auszeit von seiner Verweigerung genommen. Dieser Auszeit
verdankten wir seine Ausstellung seinerzeit im Stadthaus und die heutige Ausstellung,
gerade so gross, dass sie ins Café Alberts hineinpasst. Die Ausstellung hat privaten
Charakter; oh-ne das Werben Heidis kaemen wir heute Abend in Sachen Kunst nicht
zu-sammen. Ich kann und will zu diesen Bildern nicht viel Worte machen.
Ich hatte durch persoenliche Umstaende kaum Gelegenheit, mich auf sie zu konzentrieren.
Kristofs Thema ist weiterhin die Konsumwelt; die sich um einen aktuellen Aspekt erweitert
praesentiert: Globalisierung und supranationaler Zusam-menschluss.
Im deutschen Supermarkt erscheinen ueber den Truhen wie selbstverstaend-lich neben
Schildern in Deutscher Sprache mit Sonderangeboten auch Wegweiser zu franzoesischen
Kultstaetten. Dass es beim Nachbarn tatsaech-lich Strassen gibt mit Namen
"Rue du massacre", zeugt vom Realismus der Franzosen. Da wird mit offenen
Karten gespielt. Ein Massaker ist ein Mas-saker, und nicht ein trauriges Ereignis.
Dass Kristof bei Massaker an Oberlaender Bratwurst denkt, die nackte ohne Darm,
ja was soll man dazu sagen! Appetitlich ist das nicht. Ein Massaker auch nicht.
Wir wollen auch nicht vergessen: Um Oberlaender Bratwurst für 59 das Deka zu machen,
muss man Schweine und Rinder massakrieren.

Als kleinen Aperçu am Rande leistet sich Kristof den Hinweis, dass der Markt kein Tabu
mehr kennt, es als Verkaufsargument zur Verführung von Konsumenten zu missbrauchen.
Keine Frage auch, erhellen eine Milchtuete mit dem Bild der Jungfrau nach Syrlin und einer
Flasche Motorenoel, der ein Christus wie ein orientalischer Djin entweicht, dass die Kunst
selbst nur noch Waren- und Konsumcharakter hat. Eine Ausstellung in unserem Mu-seum
oder Bauen Wohnen Freizeit in der Friedrichsau, da besteht kein prin-zipieller Unterschied.
Das einzige, was uns wirklich heilig ist, sind die Mo-neten.
Sie verehrte Kunstinteressierte, sind natuerlich nicht gemeint, schliesslich kaufen Sie nicht
beim Lidl oder beim Aldi, nicht wahr!