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m.peter bluhm/24.07.08
rutschbilder........
helmuth zenz/13.12.02
vernissage fuer.....
helmuth zenz /april`94
BILD ZEITUNG........
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BILD ZEITUNG VON BABYLON
/ein ausschnitt aus dem text zum katalog n.y.shieldsinuse von
helmuth zenz /april `94

I'MASTRANGERINPARADISE
als christoph nasfeter frühjahr `93 am hudson river vom himmel fiel,
war es zu spät: die yankees hatten sich soeben scharenweise in prag
eingenistet. ein pole in new york ist heutzutage so zeitgemäß wie ein
amerikaner in paris. andererseits: prag kannte er schon und die abge-
lebte weltcapitale besitzt immer noch genug power, den newcomer zu
illuminieren.

chn über new york: was ich in new york gemacht habe?
rumgelaufen und fotos gemacht! das ergebnis waren 5kg film und hand-
tellergroße blasen an den füßen. ich habe die straßen inhaliert.
ich rieche gerne asphalt, wie andere gerne misthaufen riechen.
wie die stadt funktioniert; die schminke und das unter der schminke;
das potemkische dorf und die wirklichkeit hinter dieser kulisse.

ich fühlte mich in new york fast wie zu hause: angekommen!
ulm hat keine demokratische gesellschaft. das ist in köln anders.
dort reden die architekten mit taxifahrern.
leider spricht man in köln kein englisch, deshalb will ich nach amerika.

so sind den nasfeters neue schilder eine -wenngleich schmutzige-
liebeserklärung an new york.

TAKEMYHAND....
eine brücke in der halbtotale, ausdrücklich nur ausschnitt, nur
konstruktives teil; nicht in ihrem funktionalen zusammenhang als gang
über ungehbares. oberhalb ein eisengerüst, untenrum massiv wie ein
streb, wie ein tunnel. zwei, drei kfz`s sind auszumachen, wahr-
scheinlich mobil, aber der statische charakter überwiegt.
farben rostbraun, antrazith, violett, und ein unglaubwürdiges
himmelblau. dazu als integriertes teil des bildes, trotzdem bloßes
additiv, zur schau gestellt: ein textschild mit einer dialogischen
aussage. eine bitte oder ein gebot: take my hand!; dazu eine erklärung,
eine begründung oder einfach ein kommentar: i am a stranger in paradise.
wer sagt dies und warum? nasfeter zu sich, zu uns, wir zu uns selber?
eine hinzuzudenkende person, die gleichwohl zum bild gehört,
etwa irgend jemand in den autos? oder ein imaginärer betrachter,
der uns selbst noch vor- oder zwischengeordnet ist?
wer auch immer sich so äußert, das worumwillen, steht in keinem
logischen zusammenhang zur virtuellen und trotzdem wahrnehmbaren,
wirklichkeit der abbildung.
die offensichtliche dissonanz von bild und text fordert auflösung auf
einer metaebene von verstehen, erzwingt die suche nach einem
psychologischen oder theoretisch gegebenen hintersinn: anything is
strange an diesem bild, das paradies zum kotzen und der engel, der
uns bei der hand nimmt, findet nicht statt.
solche bildreportagen informieren nicht nur über defizite new york`s
sondern über den zustand der gesamten welt.

THESACRIFICEOFQUALITYTOSPEED
die implosion des riesigen sowjetreiches, die friedliche revolution
einer halben milliarde menschen und das mit ihr verbundene chaos,
ökonomisch und nationalistisch, trügt die menschheit auf die höhen
der allmacht und schleudert sie in die tiefen der ohnmacht.
das klassische weltbild: von gesetz und ordnung; vom gleichgewicht
der kräfte, löst sich auf, und an seine stelle tritt das romantische
weltbild der verwirbelung aller realität.
verloren der glaube an eine gerechte welt, sinnverlust macht sich
breit, gewaltsames eingreifen wird modefähig: somalia, sarajevo,
nordkorea; nichts wie ran, nichts wie hin!
indessen, das capital, hat nicht gesiegt, es ist nur übrig geblieben,
so schrieben die studenten von leipzig an eine mauer ihrer universität.
dieser kranke kapitalismus braucht viel pflege; er nimmt das gesamte
menschliche dasein in seinen dienst und verlangt von uns alle lebens-
qualität zu opfern: die erhaltung der natur, die ausrichtung der
städte auf geselligkeit; den nießbrauch der alltäglichen gegenstände.